Viele Patienten können heute nach der Diagnose Blasenkrebs durch Operation (endourologisch ohne Schnitt oder offen chirurgisch mit Blasenentfernung bei fortgeschrittenem Stadium) oder durch eine Strahlen- bzw. Chemotherapie erfolgreich behandelt werden.
Die anschließende urologisch-onkologische stationäre Rehabilitation hilft dabei, funktionelle Störungen und Beschwerden zu bessern oder zu beseitigen. Dazu zählen neben Schmerzen und einem Leistungsabbau, das Erlernen des Umgangs mit einer Harnableitung, mit Harninkontinenz sowie mit sexuellen Funktionsstörungen.
Für die erfolgreiche urologisch-onkologische Rehabilitation sind eine fachspezifische medizinische Kompetenz bei Diagnostik und Therapie sowie eine hohe therapeutische Dichte erforderlich. Mit den alten Badekuren haben die moderne multimodale stationäre Anschlussrehabilitation unmittelbar im Anschluss an die Akutbehandlung und die stationäre urologisch-onkologische Rehabilitation nur noch wenig gemeinsam. Hochspezialisierte Rehakliniken mit ineinandergreifenden Fachbereichen und professionellem Ärzte- und Therapeutenteam sind heute in der Lage, die Probleme optimal zu verringern oder zu beseitigen.
Nach Anwendung eines Maßnahmenpakets bestehend aus an die Situation angepassten Schmerzmitteln, Elektrotherapie, körperlichem Training, Krankengymnastik, Massagen, Psychotherapie und Wärmepackungen sind die Patienten zum Abschluss der stationären Rehabilitation meist schmerzfrei.
Etwa ein Viertel der Patienten weist Probleme mit der Krankheitsverarbeitung und dem Gesundungsprozess auf. Sie erhalten eine gezielte psychoonkologische Betreuung in Form von Einzel- bzw. Paargesprächen, Schulungen und Seminaren. Das Erlernen von Entspannungsverfahren, körperliches Training und der Austausch mit anderen Betroffenen tragen mit dazu bei, die psychische Situation zu verbessern.
Für den Fall, dass der Patient einen Urinseitenausgang (Ileum-Conduit) erhalten hat, erfolgt eine Stomaschulung zum Erlernen der Selbstversorgung seiner künstlichen Harnableitung.
Maßnahmen bei Harninkontinenz
Hat der Patient eine Ersatzblase erhalten und leidet er danach an ungewolltem Urinverlust (Harninkontinenz), ist eine multimodale Therapie zu empfehlen. Hier arbeiten mehrere medizinisch-therapeutische Fachabteilungen einer Klinik zusammen. Durch gezieltes Erlernen des Kontinenztrainings als Eigenübungsprogramm, begleitet von Entspannungsverfahren zum besseren Erspüren des Schließmuskels, werden Patienten nachgewiesenermaßen schneller und häufiger wieder kontinent. Bei Bedarf kommen zusätzliche Maßnahmen wie Medikamente, Magnetstuhl, Reizstrom, Biofeedback (visuell, akustisch oder per Spiegelung), Rüttelplatte oder Ergotherapie (Gehirnjogging zur besseren Steuerung der Kontinenz) zum Einsatz.
Sexuelle Funktionsstörungen
Die nach der Akutbehandlung geänderte Sexualfunktion bedarf einer intensiven und offenen Beratung, sodass Patienten eine individuelle Entscheidung über das weitere Vorgehen in diesem mit Tabus belegten Bereich treffen können. Frauen werden intensiv zum Umgang mit der geänderten Sexualität nach Blasenentfernung beraten. Je nach Bedarf kommen bei Männern Medikamente (PDE-5-Hemmer), Vakuumpumpe (VEHS), die Spritzenmethode (SKAT) oder Harnröhrentabletten (MUSE) zum Einsatz.
Individuell angepasstes Programm
Für jeden Patienten sollte zum körperlichen Aufbau und zur Verbesserung der Abwehrkräfte und der allgemeinen Fitness ein individuelles Bewegungsprogramm zusammengestellt werden. Die Übungen werden dabei an die aktuellen Möglichkeiten des Patienten angepasst. Bäderanwendungen und physikalische Maßnahmen wie Güsse, Wassertreten und Wärmepackungen verbessern zusätzlich die nach der Behandlung geschwächte Abwehrkraft. Eine gezielte individuelle Beratung und Schulung zur Tumorerkrankung, zur Ernährung und zum Vermeiden von Risikofaktoren und zum Sozialverhalten erhöhen die Dauerheilungschancen nachhaltig.
Priv.-Doz. Dr. Winfried Vahlensieck
Bad Nauheim
Quelle: Befund Krebs