Scham, Rückzug, Abwehr – Menschen mit künstlichem Darm- oder Blasenausgang fühlen sich stigmatisiert. In Bad Nauheim gibt es eine Selbsthilfegruppe, in der es um unangenehme Situationen geht.
Äußerlich merkt man keinem der etwa zwölf Teilnehmer der Stoma-Gruppe etwas an. Auffällig höchstens: Der Tag ist warm, doch auf dem Tisch stehen nicht – wie sonst bei Treffen üblich – Wasser oder Softgetränke. »Sie müssen immer überlegen, was Sie essen oder wie viel Sie trinken, bevor Sie aus dem Haus gehen und unterwegs«, sagt eine Teilnehmerin. Unter der Kleidung sind die flachen Beutel zwar nicht zu sehen, die rund um das Stoma auf die Haut geklebt werden, doch fast alle im Raum fürchten ein Ablösen des Beutels. »Das geschieht natürlich nicht jeden Tag, aber es kommt vor«, heißt es. Insbesondere an heißen Tagen, wenn man mehr schwitzt als sonst, kann der Klebefilm undicht werden. Vor allem die Uro-, aber auch die Kolo-Stoma-Träger leiden darunter.
»Einmal ist es mir mitten im Park passiert, auf dem Weg nach Hause. Glücklicherweise war es nicht mehr weit.« – »Ich hatte mich endlich mal wieder entschlossen, wegzugehen, war mit Freunden unterwegs. Gerade hatten wir uns Essen bestellt, da habe ich gemerkt, wie es läuft. Ich habe das Essen stehen lassen und bin heim.« – »Mit meiner Tochter war ich im Urlaub. Nachts bin ich aufgewacht… Glücklicherweise war nur ich beschmutzt, nicht das Bett.
Das wäre mir zu peinlich gewesen.« Es sind diese Geschichten, die deutlich machen, wie sehr ein künstlicher Ausgang das Leben der Menschen verändert. Dabei sind es zwar häufig vorhergehende Krebserkrankungen der Prostata, der Blase oder des Darms, die ein Stoma notwendig machen, aber nicht nur. In einem Fall platzte nach einer Hüftoperation ein Divertikel, also eine gutartige Ausstülpung des Darms – eine Notoperation folgte. »Ich habe mir das nicht gewünscht, aber die Operation hat mir das Leben gerettet. Nun habe ich das Stoma und lebe damit«, sagt eine Frau. »Ich werde mich nie daran gewöhnen«, kontert ein Mann gegenüber. In einem anderen Fall führte Morbus Crohn, eine der chronischen entzündlichen Darmerkrankungen, zum Verlust des natürlichen Ausgangs. »Mehr als 20 Jahre lang ging es mir prima damit. Seit einem Jahr habe ich jetzt aber doch ständig Probleme«, erzählt die Betroffene.
Quelle: Wetterauer Zeitung